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ERICH SEEBERG Meister Eckhart IV. Wiedergeburt, Christus und Ethik Von hier aus, daß wir durch die Gerechtigkeit gerecht sind und so auch gerecht handeln, ergibt sich die einfache Folgerung: Alles, was gerecht ist, ist in Gott. Alles, was außer Gott ist, sündigt; denn wer in Gott ist, sündigt nicht [38]. Der Fromme hat sein Sein allein durch die Frömmigkeit; der Unfromme ist nichts [39]. So ist die Gerechtigkeit eine. Hinter dieser Anschauung dürfte Avicennas Metaphysik [40] stehen, welche die Gerechtigkeit vom Geber der Formen ableitet, die körperliche Art aber von der Aktion der aktiven Qualitäten. Auch die überlieferte Lehre vom Habitus, gegen die sich Meister Eckhart aber auch direkt wendet [41], und die er jedenfalls verpersönlicht, käme hier als sekundäres Denkmotiv mit in Betracht [42]. Aber entscheidend ist auch hier die neuplatonische Metaphysik mit dem Vorrang, den sie der Idee vor der Wirklichkeit gibt, und mit dem Gedanken von der Wirklichkeit, in der die Idee erscheint und die von der Idee gemacht wird. Gott rechtfertigt uns, indem er uns gerecht macht; er macht uns gerecht, weil die Idee oder der Logos die Wirklichkeit oder den Menschen bestimmt und formt. Hervorheben möchte ich auch, daß der Meister trotz seines Neuplatonismus den "Gedanken der Wahl", wenn auch abgeblaß
t und formelhaft [43], festhalt, ihn dann freilich auch sehr charakteristisch in die Ideen und Seinslehre umschmilzt [44], in der schließlich alles derartige seine Besonderheit verlieren muß. Und auch das ist merkwürdig, daß Meister Eckhart immer, wie mir scheint, das Sein des Frommen in Gott höher wertet als das Sein der Kreaturen in Gott. Der Fromme ist in Gott in höherem Sinn, als Gott das Sein ist und die Kreaturen in Gott sind; denn Gott ist hier als "Geber" (retributor) dieses besondern Seins, und für die Frommen ist alles das nichts, was nicht Gott ist [45].
Anmerkungen /
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