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ERICH SEEBERG Meister Eckhart IV. Wiedergeburt, Christus und Ethik 5. Die Ethik des Meister Eckhart ist Religion. Alles Gute ist im Grund der Gottheit gewurzelt und gepflanzt [46]; und alles Gute strömt heraus aus der Verbindung mit Gott [47]. "Der Gerechte lebt aus Glauben", und "Im Schlafenden wacht die Gerechtigkeit"; alles kommt an auf "das Empfangen im Geist", das vor allem Wirken nach außen ist. So sind unsere Werke als Wirkungen des heiligen Geistes Früchte der Gnade; in ihrer Zielstrebigkeit zum ewigen Leben sind sie Blüten [48]. Folgende Einzelzüge geben dabei dem Ganzen den besonderen Glanz. a) Tiefere Liebe hat der, der einem Siechen eine Suppe bringt, als der, der in der Ekstase lebt, und wäre sie so hoch wie bei Paulus [49]. Ja, wer auf einen Stein tritt, in der Absicht, dort Gott zu finden, der handelt göttlicher als der, der das Abendmahl ohne diese Absicht nimmt [50]. Und wer Gott "wesentlich" hat, der hat ihn überall. "Alle ding werden ihm lauter Gott" - in der Wüste wie in der Kirche, auf der Straß
e wie im Kämmerlein, mag auch die Kirche ein "edlerer" Ort sein als die Straß
e, und Beten "edler" als Spinnen [51]. Der Meister denkt ja auch manchmal im Lohnschema; aber vor den Werken des frommen Lebens steht die Gesinnung und die Arbeit [52]. Jesus hat streng und arbeitsam gelebt. So sollen wir es auch halten [53]. Es ist keine Frage, daß in der deutschen Mystik seit Eckhart die Ansätze zur Lutherschen Berufsethik vorliegen. b) Alles Irdische ist uns als "Lehen" gegeben [54]; auch die Seele und der Leib. Das heißt, wir müssen sie so gebrauchen, als ob wir sie wiedergeben müssen. Denn von Natur hat der Mensch nur Krankheit und Bosheit. Was göttlich ist, ist Leihgabe [55]. c) Im Verhältnis zu den Mitmenschen gilt es, sachlich zu verfahren und nicht überschwenglich. Meister Eckhart will - ähnlich wie Luther und Calvin - sachliche, unpersönliche Liebe [56]. Man darf sich nicht an Personen verlieren. Wer den einen mehr liebt als den andern, der würde ja die Kreatur lieben, und nicht Gott im Menschen, nicht das Eine in Allem [57]. Das ist der Meister Eckhart, der Theolog als Philosoph, der Christ als Neuplatoniker. Wie bei uns Deutschen fast immer, ist Gebundenheit und Ahnung, Suchen und Sicherheit, Sache und Sprache unscheidbar und schwer bei ihm verbunden. Das Ungestaltete macht ihn uns lieb und fremd zugleich. Aber man kann sein letztes, persönliches Anliegen, das auch unser Anliegen sein soll, nicht besser beschreiben als mit seinen eigenen Worten. "Darauff sez all din studieren, das dir Got gross wird" [58]. V.
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