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ERICH SEEBERG Meister Eckhart IV. Wiedergeburt, Christus und Ethik 2. Wir kommen hier von selbst zur Frage nach der Ethik und nach der sie ermöglichenden Wiedergeburt bei Meister Eckhart. 1. Den tiefsten Eindruck hat zu allen Zeiten und auf alle Frommen das große Lied von der Entwerdung der Seele gemacht, das der Meister in seinen Predigten immer wieder singt. Nur wo Demut ist, Erniedrigung, Entaüß
erung, Tod, kann der filius unigenitus in der Seele geboren werden; und um dieser Geburt willen hat Gott alles geschaffen, und sie macht den Menschen analogice göttlich. "Wer Gott sehen will, der muß blind sein wie St. Paulus; als er nicht in sich sah, sah er Gott" [16]. Oder es muß uns gehen wie Maria, die nach dem Tod Christi alles verloren hatte. "Da er starb, starb sie mit ihm. Da man ihn begrub, begrub man ihre Seele mit ihm" [17]. Das Forschen der protestantischen Theologen - namentlich wenn es von Epigonen ausgeübt wird - nach "geheimer Selbstsucht" beim Meister Eckhart, um von hier aus den Unterschied zum rigorosen "Kantianer" Luther zu bestimmen, hat etwas vom Detektivroman an sich und ist so unwahrscheinlich, wie ein solcher zu sein pflegt. Schon deshalb, weil das Ziel der Frömmigkeit bei Eckhart nicht unsere Seligkeit ist, sondern - stark betont - Gottes Ehre. Der ist wirklich fromm, der nicht um des Lohnes willen wirkt, sondern allein zu Gottes Ehre. Und auch das ist zu beachten; daß Eckhart die Alleinwirksamkeit Gottes im Heilsprozeß
lehrt, weil so die Ehre Gottes allein wirklich gewahrt bleibt [18]. Der Begriff der Ehre Gottes, den man einst bei Calvin und dann bei Luther gefunden hat, gibt also auch der Frömmigkeit des Meister Eckhart die eigentümliche Prägung. Wohl aber kann man - aufs Ganze gesehen - fragen, ob nicht hier der große logische Selbstwiderspruch innerhalb der Mystik vorliegt: Die Seele, die sterben muß, und der Seelengrund, in dem Gott aufgeht. Und ohne Zweifel stoß
en hier zwei Motivreihen des frommen Denkens unversöhnt aufeinander. Aber die Wirklichkeit ist nicht logisch, und man kann wohl die Gegenfrage stellen, ob nicht in diesem Widerspruch eine Wirklichkeit wahr wiedergegeben werde.
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