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ERICH SEEBERG
Meister Eckhart
III. Gotteserkenntnis und Gnadenlehre
Page 5
Wieder und wieder ist man auf die neuplatonische Vorstellungswelt geführt. Aber hier blickt doch auch wieder die große ldee des Meisters hindurch, daß alles Bewegte zugleich selbst bewegt, und zwar nicht nur nach unten oder nach vorwärts, sondern auch nach oben und nach rückwärts.
Das Zweite, was in diesem Zusammenhang bemerkt werden muß, ist dies daß Meister Eckhart sagt, daß Gott der Seele von Uranfangen an ein göttliches Licht gegeben habe, ein Gleichnis seiner selbst, in dem er selbst wirken möchte [34]. Denn alles Wirken wird lustvoll im Gleichnis seiner selbst, das es anstrebt. Je ausgeprägter das Gleichnis ist, das Gott in der Seele findet, desto starker ist seine Freude, in dieser Seele mit der Liebe jenseits der Seelenkrafte zu wirken. In der Seele steckt also von der Schöpfung her ein Licht, das Gott verwandt ist.
Meister Eckhart kann das auch so ausdrücken, daß der reine Intellekt d. h. der intellectus agens, eine gewisse "Gottförmigkeit" besitzt, weil Gott ja auch intelligere ist und nicht Sein [35]. Diese archa in mente ist also reines intelligere und insofern von göttlicher Art. So ist der Seelenfunken das von der Schöpfung her Gott ähnliche Organ, das Gottes Einwirkungen empfangen und nach oben zurückentwickeln soll.
Die Denkmotive, die hinter diesem Gedanken stehen, haben wir schon berührt: die disponierende Wirkung der Gnade für die Seele, die schließlich Gott nackt in sich trägt; den Erkenntnisgrundsatz, der in der Mystik immer wiederkehrt, daß nur Gleiches Gleiches erkennen kann; die neuplatonische Lehre von Abstieg und Aufstieg, für die der Seelenfunke in seiner göttlichen Art irgendwie Voraussetzung ist; die Lehre des Lombarden, daß nicht der Gnadenhabitus, sondern der ungeschaffene heilige Geist die Seele selbst bewegt [36].
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