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FRIEDRICH HEER
From Eckhart, Predigten und Schriften, ausgewaehlt und eingeleitet von Fr. Heer, Frankfurt/M-Hamburg 1956
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Es darf hier darauf verwiesen werden, daß dieses Eckhart-Erlebnis des "Enthöhens" und der "Verinnigung" Gottes von "gestern abend" diametral in Gegensatz steht zu Pascals berühmter, im "Memorial" in Zeit und Nachtstunde festgehaltener Gotterfahrung: Pascal begegnet dem persönlichen Gott, diesem "Gott Abrahams, Isaaks und Jaakobs", im Tremendum äußerster Distanzierung. Eckhart begegnet der "weiselosen" überpersönlichen und unpersönlichen Gottheit und zieht diese mit der Wucht seiner Sehnsucht und seines intellektuellen Begehrens zugleich ganz herein in das Innerste seiner eigenen Person. Pascal fußt, in der Unruhe seines Herzens und seines Intellekts, auf Augustinus, Eckhart ist einer der größten Gegner augustinischer Mensch-und Gotterfahrung in Europa. Als solcher hebt er die Liebesbeziehung zwischen dem Ich der menschlichen Person und dem göttlichen Du auf. Dem reinen Intellektualisten erscheint die personhafte Liebe als unrein, als beschmutzt durch die "Interessen" der Selbstsucht. Eckharts intellektuelle Mystik verfängt sich hier in einem Dilemma, das für ihn persönlich nicht sichtbar wird, da er, wie nicht selten starke schöpferische Persönlichkeiten, Gegensätze und auch Widersprüche mühelos in sich austrägt: er drängt einerseits über alle Dinge, über die gesamte Schöpfung hinaus in die zeitlose, außergeschichtliche Tiefe des Einen, reinen, ewig ruhenden und unbeweglichen Geistes, in die namenlose Gottheit; und er will zum anderen die dreifaltige Gottheit, die christliche Trinität hereinbergen in die eigene Seele, in der Gott geboren werden soll und kann. Hart treffen hier, in Eckhart, die drei großen Bezugssysteme aufeinander, die seine emotionalen und inteilektuellen Strukturen bestimmen: der Platoniker, der Mönch, der Mittler einer Frömmigkeit ohne Mittler.
Friedrich Heer on European Mysticism - Eckhart, Tauler and Suso