WIE DIE SONNE scheint, so sieht das Auge; dann ist
das Auge in der Sonne, und die Sonne im Auge.
Wohlauf, mein Freund, nun merke, was ich meine,
denn ich traue mich kaum, meine Meinung zu schreiben oder zu reden, weil in den Personen die göttliche
Natur ein Spiegel ist, wohin nie Sprache kommt. Soweit sich die Seele über die Sprache erheben kann, so
weit macht sie sich dem Spiegel gleich. In dem Spiegel sammelt sich nur Gleiches.
Als ich, Herr, in dir war, da war ich unbedürftig in
meinem Nichts, und dein Angesicht, dass du mich ansahst, das machte mich bedürftig. Wenn das ein Tod
ist, dass die Seele von Gott scheidet, so ist auch das
ein Tod, dass sie ans Gott geflossen ist, denn jede Bewegung ist Sterben. Daher sterben wir von Zeit zu
Zeit, und die Seele stirbt allsterbend in dem Wunder
der Gottheit, da sie göttliche Natur nicht erfassen
kann. In dem Nichts stürzt sie hinüber und wird zunichte. In diesem Nichtsein wird sie begraben und mit
Unerkenntnis wird sie vereint in den Unbekannten
und mit Ungedanken wird sie vereint in den Ungedachten und mit Unliebe wird sie vereint in den Ungeliebten.